Erinnern an Raphael Peinkofer - 1

Die Menschen um mich sind alle 
bewegt - doch ich, ich sitze still.
Weil mein Körper seit der
Nachricht deines Todes
einfach nur still sitzen will.

Will sich nicht mehr wirklich
regen, außer langsam, mit
Bedacht. Denn die Botschaft
deines Todes hat mich
getroffen und wach gemacht.

Wach! Für die Kostbarkeit
des Lebens, denn ich lebe fort,
und nicht mehr du.

Wach! Für die Vergeblichkeit
des Strebens - keiner entkommt
dem Tod, nicht ich, später,
nicht jetzt: Du.

Wach! Für alles, was ich mit
dir geteilt hab', manches schön,
und manches nicht.

Wach! Für den kühlen Luftzug,
den Windhauch, der gerade jetzt
fächelt mein Gesicht.

Und machtvoll brach über mich
herein, dass jedes Leben endlich
ist: Das des Blattes, das des Baumes;
eine Tatsache, die man gar zu leicht
vergisst. Und erst im Tode eines
Lieben ganz ermisst.

Der Tod klopft an, als Teil
des Lebens; dein letzter Schuss
ein schmerzhaftes Geschenk -
das, wenn ich nachsinn', ich
wünschte ungegeben, doch
da es nun einmal in meiner
Seele hängt:

Wie geht Trauern, wie geht Schmerz,
da du mir so nahe warst?
Ich weiß, viel davon war
ausgedacht - doch elf Jahre,
immer wieder Begegnung,
die hab ich nicht allein' gemacht.


Das Buch ist zu. Es wird kein
neues Kapitel geben, hier endet
der Fortsetzungsroman. Und
auch mein vergeblich Streben,
dir zu helfen, dich zu retten -
welch' ein Wahn.

Der Hände gab es sicher viele,
nicht nur meine, ganz gewiss
- sie haben dich vielleicht eine
Zeitlang gehalten, im Leben,
doch am Ende hast du
den Frieden zu sehr vermisst. 
 
19.6.15, eine Woche, nachdem ich von Raphaels Selbstmord durch Erschießen am 17.5.15 erfahren habe.
 

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